November 2025

Vor allem, arbeite nicht zu heftig
Fremder Schweiss erhält dich jung und kräftig.
Bist du stets zur Arbeit nur bereit,
hast du zum Verdienen keine Zeit.

Otto Reutter (1870–1931)

Liebe Patientinnen und Patienten,

wir hoffen, Sie sind gut aus den Herbstferien zurückgekehrt. In unserer Praxis nimmt der Alltag seinen gewohnten Lauf und auch unser Kurs im Autogenen Training hat vor rund drei Wochen wieder begonnen. Die regelmäßigen Übungen in Entspannungstherapie unterstützen dabei, Stress ab- zubauen, das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern und die Konzentrationsfähigkeit zu stärken. Ein Einstieg ist weiterhin jederzeit möglich – bitte melden Sie sich bei Interesse vorher kurz an.

Dr-Alexander-Kaksa-Praxis-Dr-Jung

In eigener Sache: Wir freuen uns, dass Herr Dr. Alexander Kaksa seit einem Monat unser Praxisteam verstärkt. Er hat sich in dieser Zeit hervorragend eingearbeitet und ist bereits ein fester Bestandteil des Praxisalltags. Als Oberarzt für Anästhesie, leitender Notarzt und Spezialist in der Schmerz- und Palliativmedizin bringt er umfassende fachliche Erfahrung mit. In den kommenden zwei Jahren wird er bei uns die Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin absolvieren. Seine kompetente und engagierte Mitarbeit ist eine wertvolle Bereicherung für unser Team und unser medizinisches Angebot.

Mit herzlichen Grüßen
Verena Jung, Christoph Jung, Dieter Jung und das gesamte Praxisteam

Zum November

Im traurigen Monat November war’s

So begannen all unsere November-Rundbriefe. Auch diesmal bleiben wir in dieser Stimmung und ich möchte Sie zu meinen liebsten Grabsteinen in Heidelberg führen: der eine sticht durch ein fehlendes Komma hervor, der andere zeigt ein Mordwerkzeug. Doch beginnen wir zunächst in Rom vor 2000 Jahren – mit der für mich schönsten Grabinschrift:

ANIMULA VAGULA BLANDULA
HOSPES COMESQUE CORPORIS
QUAE NUC ABIBIS IN LOCA
PALLIDULA RIGIDA NUDULA
NEC UT SOLES DABIS IOCOS

Die Übersetzung ist nicht so unverständlich wie sie beim ersten Lesen anmutet: „Schweifendes Seelchen, zärtlicher Gast und Gefährtin meines Körpers, wohin wirst du nun entschwinden? An Orte bleich, starr und nackt. Nie wirst du mehr wie gewohnt mit mir scherzen!“

Hadrian (76 – 138) war einer der friedlichsten römischen Kaiser (Hadrianswall!) und machte auf seinem Totenbett seiner Seele oben genannte Liebeserklärung.

1. Grabstein für eine Frau L. Heilig

Dieser befindet sich auf dem Friedhof um die Peterskirche herum. Hier hat der hinterbliebene Ehemann sehr sokratisch auf eine Kommasetzung verzichtet.

EWIG IST DIE TREUE
NICHT EWIG
DIE TRENNUNG

Ewig ist die Treue nicht, ewig die Trennung vs.
Ewig ist die Treue, nicht ewig die Trennung

Nun, dieser Mann ließ sich auch vom lieben Gott nicht
in die Karten gucken. Er verzichtete auf das Komma.

2. Das Wilderer-Kreuz

Enmal in der Wooch – gehört der Mensch ins „Schnookellooooch. Spruch an der Außenfassade der Gaststätte Schnookeloch – aber Alkohol in der Häufigkeit? Ich hingegen sage lieber: „Einmal im Jahr oder mehr – muss der Mensch zum Wilderer!

Hier wurde 1678 der Amtmann Johann Schmidt von einem Wilderer mit einer Axt erschlagen – bildlich romantisch auf dem Grabstein dargestellt! Damit Sie den Grabstein leicht finden, habe ich entlang der Strecke einige Fotos geschossen. Fahren Sie mit der Bergbahn zur Molkenkur und folgen Sie dann direkt dem Weg in Richtung Rindenhäuschen. Nach etwa fünf Minuten biegen Sie rechts auf den Bismarck-Höhenweg ab, bis Sie den Wegweiser „Wilderer Kreuz“ erreichen. Dort rechts hinauf, und etwa 100 Meter unterhalb des Königsstuhls im Wald raunt es: „Sie haben Ihr Ziel erreicht!“

Nach ca. 40 Minuten haben Sie die etwa 2 km lange, sanft ansteigende Strecke hinter sich gebracht und erblicken das Grabkreuz mit folgender Inschrift:

„AMT JOHAN MICHAEL SCHMID GETODET WORDEN IM JAHR 1738“

Leseempfehlung zum November

Es wird wieder dunkler und kühler – perfekte Lesezeit! „What’s with Baum?“ von Woody Allen ist ein Genuss vom Anfang bis zum Ende:

Vom Titelbild „Der Schrei“ bis zum letzten Satz eine wahre Freude, wie dieser New Yorker seine Seele herausschreit.

Highdelberg

1. Findet den Doc!

Einer der Wege zum Paradies führt demonstrierend durch die Heidelberger Hauptstraße an der Sankt-Anna-Gasse vorbei. Davon war auch ich 1968 überzeugt, wie das historische Zeitdokument auf dem Cover von Volker von Offenbergs Buch „Wie geht’s zum Paradies“ zeigt. Der Autor liest daraus am Montag, 17. November 2025, um 20:00 Uhr im TiK Heidelberg.

Die Lesung beleuchtet die politischen und kulturellen Bewegungen Heidelbergs der späten 1960er und frühen 1970er Jahre – Proteste gegen Autoritäten, Krieg und Ungerechtigkeit, utopische Visionen und radikales Handeln. Einlass ab 19:30 Uhr, Eintritt frei, bestuhlt.

2. Goethes Stadtplan?

Mehrere Besuche führten Johann Wolfgang von Goethe zwischen 1770 und 1784 nach Heidelberg. Von den überlieferten Stadtplänen vermittelt wohl der 1821 von F. L. Hoffmeister gezeichnete Plan am besten ein Bild der Stadt, wie sie sich bereits zu Goethes Zeiten darstellte – die Landschaft, Straßen und Plätze, die ihn zu seinen Beobachtungen und Texten über Heidelberg inspirierten:

„Die Stadt in ihrer Lage und mit ihrer ganzen Umgebung hat, man darf sagen, etwas Ideales, das man sich erst recht deutlich machen kann, wenn man mit der Landschaftmahlerey bekannt ist und wenn man weiß, was denkende Künstler aus der Natur genommen und in die Natur hineingelegt haben. Ich ging in Erinnerung früherer Zeiten über die schöne Brücke und am rechten Ufer des Neckars hinauf. Etwas weiter oben, wenn man zurücksieht, sieht man die Stadt und die ganze Lage in ihrem schönsten Verhältnisse; sie ist in der Länge auf einen schmalen Raum zwischen den Bergen und dem Flusse gebauet, das obere Thor schließt sich unmittelbar an die Felsen an, an deren Fuß nur die Landstraße nach Neckargemünd die nöthige Breite hat. Über dem Thore steht das alte verfallne Schloß in seinen großen und ernsten Halbruinen.

Die Brücke zeigt sich in einer Schönheit, wie vielleicht keine Brücke der Welt. Durch die Bogen sieht man den Neckar nach den flachen Rheingegenden fließen und über ihr die lichtblauen Gebirge jenseits des Rheins in der Ferne. An der rechten Seite schließt ein bewachsner Fels mit röthlichen Seiten, der sich mit der Region der Weinberge verbindet, die Aussicht.“

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)

English

Halloween is peak scary season

Few creatures make people jump more than spiders – and most of the time, unfairly!
Celebrate every one that sticks around through the winter.

Arachnida, a spectacularly unlovable limb of the tree of life whose other members include scorpions, mites, and ticks. All Arachnida have eight legs (and, outside of the microscopic tardigrade, only Arachnida have eight legs; do not malign the wonderful octopus, which has eight arms). Also, all spiders are predators. There is one partial exception to this rule, Bagheera kiplingi, a largely herbivorous spider native to Mexico and Central America. Some other species will occasionally nibble on a plant, technically making them omnivores, but, overall, what distinguishes the spiderly appetite is its stunning carnivorousness. Collectively, spiders eat at least half a billion pounds of meat per year, more than the amount consumed by human beings.

What exactly do this voracious flesh-eating creatures consume? Insects, of course. Also: fish, tadpoles, frogs, lizards, and the occasional vertebrate-mice, shrews, voles, bats. The largest spider, the Goliath bird eater tarantula, does, in fact, eat birds. One spider, Evarcha culicivora, which lives in Kenya and Uganda, feeds almost entirely on us, al-though, thank goodness, indirectly: its preferred diet is mosquitoes engorged with human blood.

Kaum ein Tier lässt Menschen mehr erschaudern als die Spinne und das meist völlig zu Unrecht! Freuen Sie sich über jedes Exemplar, das Ihnen den Winter über Gesellschaft leistet.

Spinnen (lat Arachnida), sind ein spektakulär unbeschwerter Ast des Baumes des Lebens, zu dessen anderen Mitgliedern Skorpione, Milben und Zecken gehören. Alle Arachnida haben Gift, Seide und acht Beine, verleumden Sie nicht den wunderbaren Oktopus, der ebenfalls acht Arme (!) hat. Außerdem sind alle Spinnen fleischfressende Raubtiere. Es gibt eine Ausnahme von dieser Regel, Bagheera Kiplingi, eine weitgehend pflanzenfressende Spinne, die in Mexiko und Mittelamerika beheimatet ist. Einige andere Arten knabbern gelegentlich an einer Pflanze, was sie technisch gesehen zu Allesfressern macht, aber was den Spinnenappetit auszeichnet, ist seine atemberaubende Fleischlust. Zusammen-genommen fressen Spinnen mindestens eine halbe Milliarde Pfund Fleisch pro Jahr, mehr als die Menge, die von Menschen verbraucht wird.

Was genau konsumieren diese unersättlichen fleischfressenden Kreaturen? Insekten, natürlich. Außerdem: Fische, Kaulquappen, Frösche, Eidechsen und gelegentlich Wirbeltiere – Mäuse, Spitzmäuse, Walläuse, Fledermäuse. Die größte Spinne, die Goliath-Vogelfresser-Spinne, frisst tatsächlich Vögel. Eine Spinne, Evarcha culicivora, die in Kenia und Uganda lebt, ernährt sich fast vollständig von uns, obwohl – Gott sei Dank – indirekt: ihre bevorzugte Nahrung sind Mücken, die mit menschlichem Blut vollgesogen sind!

Medizyn

1. Herzstillstand?
Handeln Sie sofort!

Stellen Sie sich vor, es ist ein nasser kalter Novembervormittag, man schleppt sich verschlafen zur örtlichen Bäckerei, voll konzentriert, diesmal wirklich nicht die Laugenstangen zu vergessen, und vorne in der Schlange rutscht ein Mensch in sich zusammen. Einfach so. Nicht spektakulär wie im Film, mit dramatischem Schrei und beiden Händen auf der Brust. Alles passiert lautlos, als hätte jemand bei einem Schwimmring das Ventil gezogen, pffff, liegt dieser Mensch plötzlich am Boden.

Die Augen starr, keine Regung. Und nun?

Diese Szene ist Alltag in Deutschland, der Herzstillstand ist einer der häufigsten Todesursachen außerhalb von Klinikmauern. Doch immerhin, etwa jeder zweite Patient erleidet den Herzstillstand nicht wie Udo Jürgens allein im Wald sondern in der Nähe anderer Menschen, die sofort reanimieren könnten: Freunde, Passanten, Kollegen. Doch, leider, erkennen diese Menschen wiederum in etwa der Hälfte aller Fälle den Ernst der Lage nicht oder nicht schnell genug, beginnen die Reanimation zu spät oder verzichten gleich ganz darauf. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass auch Schülerinnen und Schüler früh lernen, wie Erste Hilfe funktioniert. BRAVO! Die Laienreanimation wird In Rheinland-Pfalz im Schuljahr 2026/27 die Erste Hilfe in den Lehrplan für Biologie aufgenommen werden. BRAVO! Arg viel falsch machen kann man nicht und Studien zeigen, dass Zeit wichtiger ist als die perfekte Technik: Wer sofort mit dem Drücken beginnt, kann die Überlebenschancen des Patienten verdoppeln bis verdreifachen.

Prüfen. Bloß kein Puls suchen – wenn er nicht reagiert, gleich 112 rufen. Drücken. Mehr braucht es nicht. Für den richtigen Takt im inneren Ohr die Bee Gees summen: „Stayin‘ Alive“. Schnell und fest.

2.Gedichte aus dem Praxisalltag

Tür auf

Einer raus
Einer rein
Dritter sein

Tür auf
Einer raus
Einer rein
Zweiter sein

Tür auf
Einer raus
Einer rein
Nächster sein

Tür auf
Einer raus
Selber rein
Tagherrdoktor

Ernst Jandl
(1925–2000)

Konsultation

Wird ein Familienmitglied kränklich,
so zeigt sich jedermann bedenklich
und – was auch ganz vernünftig – rät,
zum Arzt zu gehen, eh’s zu spät.
Man gibt so lange keine Ruhe,
bis jener schwört, daß er es tue.
Man fragt ihn sanft, man fragt ihn grob,
zum Schluß fragt man ihn nur noch: ob?“

Er kann dann schon Gedanken lesen:
Ob nämlich er beim Arzt gewesen?
Je nun, er geht denn auch zum Schluß,
weil er doch einmal gehen muß.

Fragt dann der Arzt schon in der Türe
Ihn höflich, was ihn zu ihm führe.
Kann er es sagen ganz genau:
„Nur der Befehl von meiner Frau!“

Eugen Roth
(1895–1976)

Post Sciptum (This time in English)

1. God’s plan had a hopeful beginning,

but man spoiled it by sinning.
We trust that the story
will end in God’s glory.
But at present the other side’s winning.

A limerick by US Supreme Court Justice Oliver Wendell Holmes (1841–1935)

Pictures by Dorothea Tanning surrealist painter (1910-2012)

2. Numbers of F

Count the numbers of „F“ in the following test

FINISHED FILES ARE THE RE-
SULT OF YEARS OF SCIENTIF-
IC STUDY COMBINED WITH THE
EXPERIENCE OF YEARS

Amazing Illusion, isn’t it? Most people count three of them, so much for perception, but it does not say anything about your IQ. Whoever counts the six ‚F‘ the first time is a genius, four is rather frequent, five is rather rare, three is normal. Less than three, and you must change glasses.

For some obscure reasons, we (or our brain) do not count the „f“ in „of“, maybe because the phonetic is similar to „ov“, or because during (quick) reading the brain focus on „lexical“ words, and not so much on „grammatical“ words.

Und ganz zum Schluss

Zum Semesterbeginn: Nestroy – Worte an die Studierenden

Studier’n is a unnöt’ge Plag‘.

Zum Lernen und Studier’n könnt‘ mich gar nix beweg’n,
Ich bin einziger Sohn und d’Mama hat Vermög’n.
Zu was wär‘ das gut, wann ich’s Hirn mir anstopf‘,
Nur wer wenig in Sack hat, der braucht viel in Kopf.

Auch finden an d’Gelehrten die Mädeln kein‘ G’schmack,
Ein Esel mit Geld steckt fünf Newtons in Sack,
Professors, die in Disputationen brillier’n
Quäl’n sich jahr’lang, ei’m Madel was aufz’disputier’n,

Mit Brillanten und Brass’letten geht alles in ein‘ Tag,
Drum sag‘ ich: Studier’n is a unnöt’ge Plag‘.

Als Bub‘ hab’n’s mir beibringen woll’n d’fremden Sprachen,
hab’n mich aber nicht dran’kriegt mit die urfaden Sachen,
zu was Französisch lernen, die Müh‘ ist so groß,
wenn ich Taler herzeig‘, versteht’s jeder Franzos‘;

meine Wünsch‘ tut a Russin, a Türkin erraten,
ich brauch‘ nur so umz’scheppern mit die Dukaten;

und kommt man in Not und muß zu die Leut‘ geh’n,
um a Geld sie anz’reden, o nein, da versteh’n
die wenigsten Deutsch, g’schweig’nst erst sonst a Sprach‘,
drum sag‘ ich: ’s Studier’n is a unnöt’ge Plag‘.

Johann Nepomuk Nestroy
(1801–1862)

Manche Häuser hier oben, im Historismus-Stil der 1870er Jahre gebaut, sind so ritterlich-romantisch, dass fernöstliche Gäste schon entzückt das Handy zücken und „Oh, Schloss! Schloss! Schloss!“ rufen.