wir wünschen Ihnen einen mutigen und zuversichtlichen Start ins Jahr 2025. Zum Jahresbeginn grüßen wir Sie mit einem Gedicht von Rainer Maria Rilke und einem von Bertolt Brecht und laden Sie herzlich dazu ein, auf unserer neuen Website vorbeizuschauen. Dort finden Sie medizinisch Interessantes, Informationen über einen Nikolaus aus Heidelberg und die Heiligen Drei Könige.
Ab dem 06. Januar 2025, also nach dem Fest der Heiligen Drei Könige, sind wir wie gewohnt für Sie da. Das bewährte Ärzte-Team – Verena Jung, Christoph Jung und Dieter Jung – wird durch zwei Assistenzärzte, Tilman Dröscher und Felix Janner ergänzt.
Wir freuen uns auf Sie! Mit herzlichen Grüßen
Verena Jung, Christoph Jung, Dieter Jung und das gesamte Praxisteam
Liebes-Lied
Wie soll ich meine Seele halten, dass sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie hinheben über dich zu andern Dingen? Ach, gerne möchte ich sie bei irgendwas Verlorenem im Dunkel unterbringen an einer fremden stillen Stelle, die nicht weiter schwingt, wenn deine Tiefen schwingen.
Doch alles, was uns anrührt, dich und mich, nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich, der aus zwei Saiten eine Stimme zieht. Auf welches Instrument sind wir gespannt? Und welcher Geiger hat uns in der Hand? O süßes Lied.
Rainer Maria Rilke (1875 – 1926)
Die Liebenden
Seht jene Kraniche in großem Bogen! Die Wolken, welche ihnen beigegeben Zogen mit ihnen schon, als sie entflogen Aus einem Leben in ein anderes Leben.
In gleicher Höhe und mit gleicher Eile Scheinen sie alle beide nur daneben. Daß so der Kranich mit der Wolke teile Den schönen Himmel, den sie kurz befliegen.
Daß also keines länger hier verweile Und keines anderes sehe als das Wiegen Des andern in dem Wind, den beide spüren, Die jetzt im Fluge beieinander liegen:
So mag der Wind sie in das Nichts entführen. Wenn sie nur nicht vergehen und sich bleiben, So lange kann sie beide nichts berühren, So lange kann man sie von jedem Ort vertreiben.
Wo Regen drohen oder Schüsse schallen. So unter Sonn’ und Monds verschiedenen Scheiben Fliegen sie hin, einander ganz verfallen.
Wohin ihr? – Nirgend hin. Von wem davon? – Von allen. Ihr fragt, wie lange sind sie schon beisammen? Seit kurzem. – Und wann werden sie sich trennen? – Bald.
So scheint die Liebe Liebenden ein Halt.
Bertolt Brecht (1898 – 1956)
Zum ersten Januar
Auch im neuen Jahr wird sich wieder einiges wohlbekanntes ändern – hoffentlich mehrheitlich zum Besseren. Doch wie immer liegt das Urteil darüber im Auge des Betrachters. Unser Rundbrief präsentiert sich diesmal jedenfalls in neuem Gewand, eingebettet in die ebenfalls aktualisierte Website unserer Praxis. Doch keine Sorge: Hinter all dem steht nach wie vor Ihr bewährtes Praxis-Team – mit frischem Schwung und langjähriger Erfahrung – wie gewohnt an Ihrer Seite.
In diesem Rundbrief widmen wir uns dem Thema „Kritische Erwartung“. Wir stellen uns die Frage, wie man mit sich abzeichnenden Veränderungen umgehen sollte, wenn diese ihre Wirkung noch nicht entfaltet haben und sie einer abschließenden Bewertung daher noch entzogen bleiben. Hierzu habe ich ein Gedicht von Theodor Fontane herangezogen, das sich mit Bismarck befasst.
Des Dichters kritische Erwartungshaltung erscheint auch in unserer heutigen Zeit erstaunlich passend. Interessant dabei: Zum 60. Geburtstag schenkte Heidelberg „seinem“ Bismarck den Bismarckplatz, den Bismarckturm und die weiße Büste, die dort noch heute steht.
Ja, das möcht ich noch erleben
Eigentlich ist mir alles gleich, Der eine wird arm, der andre wird reich, Aber mit Bismarck – was wird das noch geben? Das mit Bismarck, das möcht’ ich noch erleben.
Eigentlich ist alles soso, Heute traurig, morgen froh, Frühling, Sommer, Herbst und Winter, Ach, es ist nicht viel dahinter.
Aber mein Enkel, soviel ist richtig, Wird mit nächstem vorschulpflichtig, Und in etwa vierzehn Tagen Wird er eine Mappe tragen, Löschblätter will ich ins Heft ihm kleben – Ja, das möcht’ ich noch erleben.
Eigentlich ist alles nichts, Heute hält’s, und morgen bricht’s, Hin stirbt alles, ganz geringe Wird der Wert der ird’schen Dinge;
Doch wie tief herabgestimmt Auch das Wünschen Abschied nimmt, Immer klingt es noch daneben: Ja, das möcht’ ich noch erleben.
Theodor Fontane (1819-1898)
Medizyn
Sapere Aude – wage es weise zu sein (und blicke durch die richtige Brille)
Vom Lesestein zur Lesebrille
Mögen in unserem Zeitalter der komplexen Faktenlagen nur die richtigen Informationen in Ihr Denkgehäuse gelangen. Das Bild unten zeigt den lesenden Apostel Petrus und gilt als eine der frühesten Darstellungen einer modernen Brille. Es befindet sich im Sockel des Hochaltars der Jakobskirche in Rothenburg ob der Tauber und wurde 1466 von Friedrich Herlin gemalt.
Schon vor der Brille gab es sogenannte „Lesesteine“ (lapides ad legendum): lichtdurchlässige Edelsteine, die über den Text gelegt wurden, um die Buchstaben zu vergrößern. Die Edelsteine wurden lange als Schmuck verwendet. Mit der Entwicklung von geschliffenem Beryllium, einem fast weißen, durchsichtigen Stein, entstand schließlich die Grundlage für das deutsche Wort Brille. Die alten Römer – etwa Cicero und Sueton – bemerkten lakonisch, dass das Sehvermögen im Alter nachlässt und keine ärztliche Hilfe dies verhindern könne. Ihre pragmatische Lösung: Einen Sklaven einstellen, der vorzulesen vermag.
Das „I“ in Heidelberg: Ein Denkmal für Nicolaus von Kues (1401–1464) Im Innenhof der Heidelberger Universität steht es, ein beeindruckendes Denkmal – ein riesiges, fast schwebendes „I“, das dem Philosophen Nicolaus Cusanus (= geboren in Kues an der Mosel) gewidmet ist. Dieser Denker aus dem 15. Jahrhundert, der in Heidelberg studierte und wirkte, setzte sich für Information gegen Aberglauben ein und prägte die Entwicklung der modernen Wissenschaften.
Er vertrat die Ansicht, dass Weisheit nicht nur in Büchern, sondern in der eigenen Erfahrung und im freien Denken zu finden ist. Er kritisierte die dogmatische Wissenschaft seiner Zeit und predigte eine freie, auf den eigenen Verstand gestützte Suche nach Wahrheit. Mit seiner Philosophie des „sapientia clamat in plateis“ (Weisheit ruft auf den Straßen) forderte er dazu auf, das Wissen aus der alltäglichen Erfahrung zu schöpfen.
Das Denkmal vor dem Hexenturm, der einst als Ort der Hexenverbrennungen diente, symbolisiert diesen Kampf gegen Aberglauben und für Aufklärung. Es erinnert an eine Zeit, in der Cusanus‘ Ideen, die sich gegen die dunklen Seiten der mittelalterlichen Welt stellten, einen bedeutenden Einfluss auf die wissenschaftliche Revolution hatten.
Cusanus‘ Denken beeinflusste zahlreiche europäische Denker, darunter Leonardo da Vinci, Erasmus von Rotterdam, Kopernikus und Descartes. Das Denkmal in Heidelberg bleibt ein Zeichen für die beginnende Entwicklung von Aufklärung und Rationalität, das auch heute noch zu kritischem Denken und Wissenschaft einlädt.
English
Post Scriptum
Möge die Alte Brücke uns sicher ins neue Jahr tragen, während unsere Schutzgöttin trotzig nach Osten blickt, die Meduse auf ihrem Schild angewidert Richtung Süden blickt und der Rabe gelassen gen Westen schaut.